Das Bundesforum Familie widmet sich „Familie, Partizipation und Demokratie“ – Notizen von der Auftaktveranstaltung am 25. April 2018
Der Veranstaltungsort war gut gewählt: Nicht weit entfernt erinnert die nahegelegene Gedenkstätte Berliner Mauer an eine Vergangenheit, in der nur wenige Meter ein Land, eine Stadt und zwei Republiken trennten – und mit ihr unzählige Familien.
Den meisten Raum nahmen mehrere Vorträge über Demokratieförderung in Kindertagesstätten und Schulen ein. Dabei kamen Familien (leider) nur am Rande vor – bei aller geballten demokratiepädagogischen Kompetenz befand man sich, wie eine Teilnehmerin zu Recht bemängelte, doch in einer „institutionellen Schwebe“. Auch in den Diskussionsbeiträgen fand „Familie“ leider vor allem als als Problem statt – wahlweise durch patriarchalische Strukturen, religiösen Extremismus, Armutsgefährdung oder singende Kinder auf neofaschistischen Fackelzügen.
Ohne die Gefahren einer offenen Gesellschaft verharmlosen zu wollen, würde man sich doch manchmal etwas mehr Mut und Optimismus wünschen! Derartig hinfällig ist unsere Demokratie nicht, dass ihre Förderung nur mit Gefahrenabwehr gleichzusetzen wäre. Denn wer unser Gemeinwesen nur auf Schwäche abklopft, droht seine Stärken zu vergessen.
Aufhorchen ließ jedenfalls der „inhaltliche Aufschlag“ von Peggy Reisinger vom Institut für Partizipation und Bildung. Wo erleben Kinder im öffentlichen Raum Partizipation und Manipulation? Wo Bevormundung und Widersprüche? Mit Blick auf die Forschung sollten wir uns vergegenwärtigen, dass Kinder sehr kompetent sind und sich von Anfang ausdrücken könnten. Es müsse nur erkannt und im Kleinen gefördert werden. Dazu müsse man „nicht warten, bis die Kinder das Wort `Kinderparlament´ aussprechen können“. Weil Kinder ihre Rechte noch nicht erstreiten können, geht es dabei immer auch um einen freiwilligen Machtverzicht von Erwachsenen.
Für Peggy Reisinger eine zentrale Frage: „Will mein Kind das wirklich?“
Deutlich wurde, dass es noch ein weiter Weg bis zur Verwirklichung eines wirklich allgemeinen Wahlrechts ist. Jedoch gibt es zumindest im niederschwelligen Bereich hoffnungsvolle Signale. So berichteten zwei Berliner Expertinnen, von den guten Erfahrungen mit den U18 Wahlen. Nichts sei erfrischender als 16jährige, die durch ein stoisches „Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet“ Politiker/-innen zu klaren Aussagen statt Phrasen zwingen. Auf kommunaler Ebene wurde das Antragsrecht des Kinderparlaments Berlin-Wilmersdorf hervorgehoben, der Jugenddemokratiefond (mit Haushaltsverantwortung!) sowie die erfolgreiche Beteiligung Lichterfelder Kinder und Jugendlicher an der Spielleitplanung. Hier zeige sich, dass Kinder und Jugendliche sehr wohl reif für Demokratie und in der Lage seien, Forderungen durch- und umzusetzen, wenn Sachverhalte heruntergebrochen und der richtige Rahmen geschaffen sei.
Es bleibt ein weiterer Weg von Demokratieförderung und Demokratiepädagogik bis zur tatsächlichen Gewährung demokratischer Rechte. Auch, weil es lässt sich leichter über zukünftige Generationen sprechen lässt, als ihnen tatsächlich eine Stimme zu geben. Vielleicht wird jedoch gerade so ein weiterer wichtiger Schritt gesetzt.
Denn angenommen, Kinder und Jugendliche würden zukünftig von früh auf zunehmend Selbstwirksamkeit erfahren und permanent die demokratischen Spielregeln einüben. Dann sollte sich alsbald zeigen, dass ihre Beteiligung nicht nur wünschenswert für alle ist. Sondern auch immer lauter die Frage stellen, warum gerade ihnen weniger zugetraut werden sollte als jedem anderen Mitbürger.