Warum unterstützen Sie die Kampagne „Nur wer wählt, zählt!“?
Bereits Anfang der 2000er Jahre starteten mein damaliger FDP-Kollege Klaus Haupt und ich im Bundestag die Initiative für ein ‚Wahlrecht von Geburt an‘.
Schnell haben wir in Wolfgang Thierse (SPD) und Antje Vollmer (Bündnis 90/Die Grünen) prominente Unterstützer über alle Parteigrenzen hinweg gefunden. Uns war wichtig, der jungen Generation eine Stimme zu geben und sie stärker am politischen Willensbildungsprozess unserer Gesellschaft zu beteiligen. Denn Politik wird vor allem mit Blick auf Wählerstimmen und Wahlergebnisse gemacht. Die Bedürfnisse von Kindern und ihren Eltern fallen dabei oft nicht ins Gewicht.
Welche Argumente sprechen für ein Wahlrecht ab Geburt?
Fakt ist – unsere Gesellschaft altert. Daher brauchen wir die junge Generation. Wir müssen kinderfreundlicher werden und die Bereitschaft junger Erwachsener, Eltern zu werden, stärken und die zahlreichen Probleme und Nachteile für Familien mit Kindern abbauen.
Wenn ich an die Zukunft denke, denke ich auch an die Zukunft meiner Nachkommen. In deren Leben muss noch gestaltet und deren Lebenschancen müssen verwirklicht werden. Ich will mich aktiv der Frage widmen, wie können wir heute die Zukunft von morgen gestalten. Und dazu kann auch das Wahlrecht ab Geburt beitragen.
Wie wird sich unsere Gemeinschaft Ihrer Meinung nach verändern, wenn auch Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren wahlberechtigt sind?
Wenn auch die Stimmen der Kinder und Jugendlichen bei Wahlen zählen, dann werden sich die Parlamente auch stärker für deren Interessen einsetzen. Heute richten sich die Parlamente allzu sehr nach den Wünschen der älteren Generation, deren Stimmen bei Wahlen den Ausschlag geben. Das führt zu einer Ungerechtigkeit zwischen den Generationen und diese kann durch das Wahlrecht ab Geburt korrigiert werden.
Welche Unterstützung brauchen junge Wähler, um ihr Wahlrecht auszuüben?
Viele Studien zeigen, dass Kinder und Jugendliche im hohen Maße an Politik interessiert sind und an ihr teilhaben wollen. Sie brauchen daher Zugang zur Politik, Kontakt zu Parteien und Mandatsträgern, aber auch Zugang zu freien Medien und ausreichende Angebote im Bereich der politischen Bildung.
Auf welchem Weg kann das Wahlrecht ab Geburt Ihrer Meinung nach durchgesetzt werden?
Eine Kampagne wie „Nur wer wählt, zählt“ macht in der breiten Öffentlichkeit auf diese Forderung aufmerksam und ist sehr hilfreich. Durchgesetzt werden kann das Wahlrecht ab Geburt aber nur über die entsprechenden gesetzgeberischen Mehrheiten.
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Dr. Hermann Otto Solms war Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion (1991 – 1998) und Bundestagsvizepräsident (1998 – 2013).
Seit 2013 ist er Bundesschatzmeister der FDP und kandidiert 2017 erneut für den Bundestag.