Überlegungen zur Demographie im Zusammenhang mit der Frage nach einem Wahlrecht ab Geburt in Form des Stellvertretermodells ergeben sich aus verschiedenen Blickrichtungen. So ist das Staatsvolk eines der drei Elemente zur Definition eines Staates nach der heute immer noch maßgeblichen Drei-Elemente-Lehre von Georg Jellinek. Danach erfordert ein Staat das Vorliegen von Staatsgebiet, Staatsgewalt und eben Staatsvolk. Weiterhin ist das Volk, jedenfalls nach demokratischer Lesart auch die verfassungsgebende Gewalt und sollte darüber entscheiden, welches Wahlrecht in der Verfassung normiert wird. Schließlich aber wird in der Diskussion über das Kinderwahlrecht häufig auf die demographische Entwicklung, auf die Benachteiligung von Eltern und Kindern im Sozialversicherungssystem und auf die Anhäufung von Staatsschulden hingewiesen.

Wussten Sie, dass unsere Bevölkerung nicht bestanderhaltend und gespalten ist?

Eine bestandserhaltende demographische Entwicklung dürfte ganz allgemein eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung für eine wirtschaftlich, kulturell, sozial und gesellschaftlich erfolgreiche Zukunft Europas in Freiheit sein. Die demographische Entwicklung ist dann bestandserhaltend, wenn sowohl gleich viele Menschen geboren werden, als auch versterben, als auch zu- und abwandern. Hinsichtlich Fertilität und Mortalität ist dieses Kriterium dann erfüllt, wenn eine konstante Geburtenrate von 2,08 Kindern pro Frau gegeben ist. In Deutschland liegt seit Anfang der 1970er Jahre, also seit über vier Jahrzehnten, die Geburtenrate mit nur 1,3 bis 1,4 Kindern pro Frau deutlich unter diesem Bestandserhaltungsniveau. Dies, obwohl Umfragen zeigen, dass die Menschen in Deutschland viel häufiger einen Kinderwunsch haben, als sie diesen realisieren. Das Hauptproblem der demographischen Entwicklung in Deutschland ist allerdings, dass es zu einer Spaltung der Gesellschaft kommt, in ein Drittel der Bevölkerung, die keine Kinder hat und zwei Drittel der Bevölkerung, die für sich genommen bestandserhalten wären. Betrachtet man diese Spaltung genauer, zeigt sich, dass rund die Hälfte der Bevölkerung kein oder nur ein Kind aufzuziehen hat oder hatte und rund die andere Hälfte zwei oder mehr Kinder aufzuziehen hat oder hatte.

Wussten Sie, dass wir selbst für die Schrumpfung und Spaltung unserer Bevölkerung verantwortlich sind?

Als Ursache dieser Schrumpfung und dieser Spaltung der Gesellschaft in Kinderhabende und Kinderlose ist belegbar, dass nicht genügend verfügbares Einkommen zur Familiengründung und zur Wahlfreiheit verschiedener Lebensentwürfe besteht. So ist es bereits seit 2001 nachweislich nicht mehr möglich, mit dem durchschnittlichen Bruttojahreseinkommen eine Familie zu gründen, zwei Kinder zu haben und zu entscheiden, dass einer der beiden Eltern das Familieneinkommen erwirbt und der andere sich zu Hause um die Erziehung der Kinder kümmert. Um diese finanziellen Nachteile der Menschen bei der Realisierung ihres Kinderwunsches und ihres Lebensentwurfs auszugleichen, oder besser noch abzuschaffen, wären andere betreuungsrechtliche und steuerrechtliche Politikinhalte erforderlich. Nun werden aber gerade aufgrund der so erst geschaffenen „kinderlosen“ demographischen Entwicklung unter dem Regime des derzeit bestehenden Wahlrechts künftig erst recht keine demokratischen Mehrheiten mehr zur Änderung des Wahlrechts und der Steuer- und Familien-, bzw. Betreuungspolitik und insbesondere der ungerechten Sozialversicherungspolitik zu erreichen sein.

Auch andere Lebensentwürfe lassen sich mangels Betreuungsmöglichkeiten, bzw. aufgrund zu hoher Kosten zur Realisierung dieser Lebensentwürfe, nicht recht oder gar nicht verwirklichen. Daher müssen die Bürger unseres Landes oft auf die Realisierung ihres Kinderwunsches verzichten. Dies führt zur Kinderlosigkeit und letztendlich zur Spaltung der Gesellschaft.

Das berühmte Pflegeversicherungsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 03.04.2001 zeigt richtigerweise auf, dass eine strukturelle verfassungswidrige Ungleichbehandlung durch die Beitragssätze zur Sozialversicherung entsteht, wenn in der Bevölkerung ca. ein Drittel keine Kinder hat und ca. zwei Drittel Kinder aufziehen und damit wirtschaftlich zusätzlich einen generativen Beitrag, je nachdem, wie viele Kinder man hat, leisten, und dennoch alle gleich hohe Sozialversicherungsbeiträge zur Finanzierung umlagefinanzierter Sozialversicherungssysteme zu bezahlen haben.

Dies wird auch durch folgendes Gedankenexperiment deutlich: Hätten alle in der Bevölkerung die gleiche Anzahl Kinder und leisteten damit einen gleich hohen generativen Beitrag oder gäbe es in einer Bevölkerung gar keine Kinder, dann würden keine unterschiedlich hohen Sozialversicherungsbeiträge zu diskutieren sein, da es dann keine Ungleichbehandlung bei der Beitragserhebung umlagefinanzierter Systeme geben kann. Selbst Kinderwahlrechtsgegner stellen fest, dass bereits im Jahr 1982 ein durchschnittliches Arbeitnehmerehepaar mit zwei Kindern im Vergleich zu einem kinderlosen Ehepaar im Lebenslängsschnitt einen Kaufkraftnachteil von 400.000 DM hinnehmen musste, der allein auf Regelungen des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung beruhte.

Auch hier zeigt sich, dass das bestehende Wahlrecht nicht geeignet ist, bzw. nicht ausreicht, um diese Ungerechtigkeiten zu beseitigen, die selbst durch das Verfassungsgericht wenigstens hinsichtlich der Pflegeversicherung schon festgestellt wurden.

Wussten Sie, dass wir kein Wahlrecht ab Geburt bräuchten, wenn alle die gleiche Anzahl an Kindern hätten bzw. keiner Kinder hätte?

Wenn alle gleich viele, bzw. keine Kinder hätten, dann wäre die Frage nach einem Kinderwahlrecht gegenstandslos, denn entweder müsste keiner an Kinder denken oder jeder würde gleichermaßen die Interessen seiner Kinder (treuhänderisch oder als Stellvertreter) in gleichem Umfang mitvertreten.

Die demographische Entwicklung führt dazu, dass die Kinder und die kinderhabende Bevölkerung künftig möglicherweise sogar zahlenmäßig zu gering sein werden, um gemäß der bestehenden Verfassungsordnung, politisch einfache Mehrheiten für Regelungen in Familien-, Steuer- und Sozialrecht zu erreichen, die die aufgezeigten Benachteiligungen durch Reformen verringern, bzw. beseitigen können. Erst recht sind verfassungsändernde Zweidrittelmehrheiten, z.B. zur Einführung eines Kinderwahlrechts nicht mehr zu erreichen, wenn künftig nicht einmal mehr zwei Drittel der Wahlbevölkerung Kinder aufziehen.

Die Demographie gibt die Struktur vor, wie viele Befürworter und Gegner des Kinderwahlrechts vorhanden sind und zeigt, wie der pouvoir constituant, also die Verfassungsgebende Gewalt, die für die Verfassungsgebung und damit für die Möglichkeit zur Änderung des Wahlrechts maßgeblich ist, zusammengesetzt ist, und welche Interessen zahlenmäßig wie stark vertreten sind. Wenn ein großer Teil der Bevölkerung aufgrund des Wahlsystems keine Chance hat, eben dieses Wahlsystem mit Mitteln des Wahlsystems politisch zu ändern, dann ist der Punkt erreicht, an dem man sogar über eine aufgrund demographischer Entwicklung entstandene verfassungsrechtliche Pflicht zur Änderung des Wahlrechts sprechen muss. Minderheiten müssen nach den Grundsätzen des Minderheitenschutzes rechtlich geschützt werden, wenn und weil sie sich politisch nicht (mehr) behaupten können.

Wussten Sie, dass Frankreich eine bestandserhaltende Geburtenrate hat und eine Spaltung der Bevölkerung verhindern kann?

Das Familienleistungssystem in Frankreich dürfte als Vorbild gelten, insbesondere weil es in Frankreich möglich ist, seit den letzten Jahren eine praktisch bestandserhaltende Geburtenrate zu verzeichnen. In Frankreich geht man zutreffend davon aus, dass nur alle drei Regelungskomplexe zusammengenommen, also Betreuungs-, Steuer- und Sozialrecht, was ca. 4% des Bruttoinlandsprodukts in Frankreich kostet, die Freiheit schaffen, die notwendig ist, damit Menschen sich ihren jeweiligen Lebensentwurf realisieren können. In Deutschland wird dagegen das Zusammenspiel dieser Regelungskomplexe bis heute nicht ausreichend verstanden, obwohl Deutschland immerhin gut 3% des Bruttoinlandsprodukts für „Familienleistungen“ ausgibt. Entscheidend ist, dass nach dem Vorbild Frankreichs jedenfalls eine Spaltung der Gesellschaft in signifikante Teile einerseits von Kinderhabenden und andererseits von Kinderlosen, wie es in Deutschland festzustellen ist, vermieden werden kann. Damit ist die Einführung eines Kinderwahlrechts in Frankreich z.B. bestenfalls eine politische Frage, während es sich in Deutschland aufgrund der spezifischen deutschen demographischen Probleme wiederum zu einem rechtlichen Problem auswirken dürfte, wenn die Grundsätze des Minderheitenschutzes berührt werden.

Wussten Sie, dass sogar eine Pflicht zur Einführung eines Wahlrechts ab Geburt gegeben sein kann?

Eine Analyse der externen ökonomischen Effekte der Kindererziehung in Deutschland offenbart, dass große verdeckte Geldströme von Familien mit zwei und mehr Kindern zu lebenslang Kinderlosen und Ein-Kind-Familien fließen, was insbesondere an den ungerechten Steuer- und Sozialgesetzen liegt. Als Fazit aus den Überlegungen zur Demographie ist daher festzustellen, dass in Deutschland der Grundgedanke, des Pflegeversicherungsurteils des Bundesverfassungsgerichts in allen umlagefinanzierten Sozialversicherungssystemen zu berücksichtigen ist. Es spielt dabei keine Rolle, ob man die Zahlungen an das System, „Beitrags-“, „Steuer-“, oder „Kopfpauschale“ nennt. Solange das System umlagefinanziert ist, sind Zahlungen nach der Kinderzahl zu staffeln. Eine Staffelung wäre nur zu vermeiden, wenn die Umlagefinanzierung und die Systeme der Renten- und Pflegeversicherung, etc. einfach ersatzlos abgeschafft würden, da es dann keinen generativen Beitrag in diesen Systemen gäbe. Dann müsste man als „Rentner“ von dem Unterhalt leben, den man gemäß §§ 1601 ff. BGB nur von seinen eigenen Abkömmlingen beanspruchen kann. Diejenigen, die keine eigenen Abkömmlinge haben, müssten privat vorsorgen oder Sozialhilfe beziehen. Auch die Sozialhilfe wäre letztlich über Steuern finanziert, so dass wiederum, da auch künftige Steuerzahler erst geboren und großgezogen werden müssen, selbst dann noch Umlagefinanzierungseffekte spürbar wären. Daher ist in jedem Fall auch noch das französische Modell des Familiensplittings einzuführen, um den generativen Beitrag als solchen im Gemeinwesen insgesamt als Metasystem zu kompensieren.

Wirksame Lösungen der Probleme, die gleichzeitig Ursache und Wirkung der demographischen Entwicklung sein können, scheinen sich politisch unter dem Regime des bestehenden Wahlrechts nur sehr schwer, wenn überhaupt, umsetzen zu lassen. Es könnte nach alldem sogar erforderlich sein, die Regeln zum Erlass von Regeln zu ändern, also ein Wahlrecht ab Geburt einzuführen. Denn es könnte sich sogar eine Pflicht des verfassungsändernden Gesetzgebers zur Einführung eines Kinderwahlrechts ergeben, wenn man die Grundaussagen des Pflegeversicherungsurteils des Bundesverfassungsgerichts auf das Wahlrecht entsprechend, wie gezeigt, anwendet. Für die Frage, ob eine Pflicht besteht, dürfte entscheidend sein, ob Kinderhabende im Verhältnis zu Kinderlosen unter dem derzeit geltenden Wahlrecht überhaupt zahlenmäßig noch die Chance haben können, entsprechende Mehrheitsentscheidungen zum Abbau der skizzierten Benachteiligungen herbeizuführen.

Wussten Sie, dass selbst mit Einführung eines Wahlrechts ab Geburt Kinderhabende mit zwei oder mehr Kindern nicht genug Stimmen hätten, um die derzeit für sie bestehenden Benachteiligungen politisch abzuschaffen?

Die Form des Wahlrechts beeinflusst die Art und Weise, welche Parteien mit welchen inhaltlichen Parteiprogrammen entstehen, was wiederum beeinflusst, was die Wahlberechtigten in welchem Umfang wählen und gewichten. Im System des derzeitigen Wahlrechts gibt es andere Parteiprogramme, als in einem künftigen System eines Wahlrechts ab Geburt als Stellvertretermodell. Eine entscheidende Frage ist, wie die Stimmenanteile der Personen entsprechend ihrer Kinderzahl vermutlich verteilt wären mit Einführung des Wahlrechts ab Geburt.

Maßgeblich für entsprechende Modellrechnungen sind dafür aber auch die vermutlich zur Entscheidung stehenden Reformen für oder gegen die sich die Wahlberechtigten aussprechen könnten. Dazu sollen hypothetisch vier Regelungskomplexe vorgeschlagen werden:

1. Anpassung der Sozialversicherungsbeiträge in umlagefinanzierten Sozialversicherungssystemen zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung:
Kinderlose zahlen 200 % der Beiträge, Beteiligte mit einem Kind zahlen 150 % der Beiträge, Beteiligte mit zwei oder mehr Kindern zahlen 100 % der Beiträge – dies wird vertreten als Umsetzung der Vorgaben des Pflegeversicherungsurteils des Bundesverfassungsgerichts aus dem April 2001.

2. Einführung eines Systems, das dem französischen Modell entspricht:
a) Familiensplitting statt Ehegattensplitting: Zwei Kinder zählen rechnerisch so viel wie ein Erwachsener. Das Familieneinkommen einer Familie, die z.B. aus Vater, Mutter und zwei Kindern besteht, darf durch insgesamt drei geteilt werden, um den Steuertarif zu ermitteln, nicht wie beim Ehegattensplitting nur durch zwei erwachsene Personen.
b) Betreuungssystem: Der Staat hat dafür zu sorgen, dass Kinder auch unter 3 Jahren auch ganztags betreut werden, falls die Eltern dies wünschen. Dabei soll zunächst außer Acht bleiben, wer die Kosten dafür zu zahlen hat. Im Zweifel soll die Regelung entsprechend dem französischen Modell gestaltet sein.
c) Sozialrechtliche Transferleistungen: Kinderhabende, deren Einkommen gering ist, so dass ein Familiensteuersplitting wenig Effekt zeitigt, bzw. Kinderhabende, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, so dass auch ein Betreuungsangebot uninteressant ist, die aber finanzielle Belastungen, die durch die Erziehung ihrer Kinder entstehen, wie z.B. Umzug in eine größere Wohnung bei Geburt des dritten Kindes, Renovierungskosten von Familienwohnungen usw. sollen, entsprechend dem französischen Modell, unterstützt werden.

3. Finanzierung:
Entscheidend ist, dass alle diese Maßnahmen, die, wie gezeigt, insbesondere hinsichtlich des französischen Modells in Frankreich ca. 3 bis 4 % des BIP an Kosten verursachen, nicht durch das allgemeine Steueraufkommen, das wieder zu Lasten von Kinderhabenden gehen würde, bzw. durch Staatsverschuldung, welche zu Lasten der Kinder gehen würde, finanziert werden dürfen, sondern durch Umverteilung erwirtschaftet werden muss. Es gilt: Kinderlose, bzw. Kinderarme mit nur einem Kind, werden finanziell stärker belastet, als Kinderhabende mit zwei oder mehr Kindern, deren rechtliche und wirtschaftliche Diskriminierung durch die Reformen ja gerade abgeschafft werden soll. 4. Integrationsaufwendungen: Aufgrund der seit langem und auch derzeit wieder stark diskutierten Zuwanderung sollten in den Reformen auch Vorschläge gemacht werden, die zu höheren Leistungen des Gemeinwesens zur Integration von Zuwanderern erforderlich sind.

Im Ergebnis dürften für diese Reformen Wähler und Wählerinnen stimmen, die mindestens zwei Kinder haben, oder die mindestens zwei Kinder aufgezogen haben. Gegen diese Reformen stimmen aller Voraussicht nach alle Personen, die keine Kinder aufziehen bzw. aufgezogen haben oder die nur ein Kind aufziehen, bzw. aufgezogen haben. Gleichzeitig ist zu differenzieren, wie die Kinderstimmen bei Einführung eines Stellvertretermodells eingesetzt werden. Handelt es sich um Kinderstimmen von kinderarmen Wahlberechtigten, würden diese Kinderstimmen wohl gegen die Reformen eingesetzt werden.

Mit diesen Vorgaben und unter weiteren Annahmen wurde nun aufgrund der 12. und 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes ermittelt, wie die gesuchten Stimmenverhältnisse sind.

Es kann gezeigt werden, dass in jeder bestandserhaltenden stationären Bevölkerung eine sogar verfassungsändernde Mehrheit von ca. 72 % für die genannten Reformen stimmen würde. Darüber hinaus wurden insgesamt sechs Varianten berechnet:

Variante 1:

Wenn alle Wähler und Wählerinnen, die früher Kinder aufzogen haben oder derzeit Kinder aufziehen, für die oben genannten Reformen stimmen, so hätten diese Wähler und Wählerinnen durchschnittlich immerhin eine Mehrheit von 58% (12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung) bzw. 57 % (13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung), und dies auch ohne Einführung eines Kinderwahlrechts.

Variante 2:

Wenn nur die Hälfte aller Wähler und Wählerinnen, die früher Kinder aufgezogen haben und weiter auch alle Wähler und Wählerinnen, die derzeit Kinder aufziehen für die oben genannten Reformen stimmen, hätten diese Wähler und Wählerinnen durchschnittlich aber nur noch einen Stimmenanteil von 37 % (12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung entspricht 13. koordinierter Bevölkerungsvorausberechnung), also keine Mehrheit mehr, um die Reformen durchzubringen.

Variante 3:

Wenn alle Wähler und Wählerinnen, die früher mindestens ein Kind aufgezogen haben und nur alle Wähler und Wählerinnen, die derzeit mindestens zwei Kinder aufziehen, für die Reformen stimmen, so hätten diese Wähler durchschnittlich zusammen gerade noch eine Mehrheit von 53 % (12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung entspricht 13. koordinierter Bevölkerungsvorausberechnung). Diese Wähler und Wählerinnen könnten also die Reformen gerade noch durchsetzen, auch wenn kein Kinderwahlrecht eingeführt wird.

Variante 4:

Wenn nur die Hälfte aller Wähler und Wählerinnen, die früher mindestens ein Kind aufgezogen haben und nur alle Wähler und Wählerinnen, die derzeit mindestens zwei Kinder aufziehen, für die Reformen stimmen, so hätten diese Personen zusammen durchschnittlich sogar nur noch einen Stimmenanteil von 33 % (12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung entspricht 13. koordinierter Bevölkerungsvorausberechnung), also keine Mehrheit, um die Reformen durchzubringen.

Variante 5:

Wenn die Hälfte aller Wähler und Wählerinnen, die früher mindestens ein Kind aufgezogen haben und alle Wähler und Wählerinnen, die derzeit mindestens ein Kind aufziehen, sowie alle Kinderstimmen bei Einführung eines Kinderwahlrechts, für die Reformen wären, so hätten diese Stimmen zusammen, trotz Einführung des Kinderwahlrechts, durchschnittlich nur einen Stimmenanteil von 46 % (12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung) bzw. 47 % (13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung), mithin also immer noch keine Mehrheit.

Variante 6:

Wenn nur die Hälfte der Wähler und Wählerinnen, die früher mindestens ein Kind aufgezogen haben und nur alle Wähler und Wählerinnen, die derzeit mindestens zwei Kinder aufziehen, sowie lediglich die Hälfte aller Kinderstimmen bei Einführung eines Kinderwahlrechts, für die Reformen stimmen würden, so wäre, trotz Einführung des Kinderwahlrechts, diese Personengruppe nur in der Lage durchschnittlich 35 % (12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung entspricht 13. koordinierter Bevölkerungsvorausberechnung) der Stimmen zu stellen. Diese Mehrheitsverhältnisse würden also, erst recht trotz Einführung eines Kinderwahlrechts, nicht ausreichen, um die Reformen demokratisch umzusetzen.

Weil die Spaltung und der Interessengegensatz in unserer Wahlbevölkerung, wie geschildert, zwischen Kinderlosen und Kinderarmen mit nur einem Kind auf der einen Seite und Kinderhabenden mit mindestens zwei Kindern auf der anderen Seite, verläuft, ist es sehr naheliegend, dass ein Abstimmungsverhalten, wie es in den Variante 2, 4 und 6 dargestellt ist, am wahrscheinlichsten ist.

Mit diesen Ergebnissen wird belegbar, dass die Familien, die mehr als ein Kind aufziehen oder aufgezogen haben, rein zahlenmäßig überhaupt nicht in der Lage sein dürften, eine entsprechende politische Mehrheit zu mobilisieren, obwohl gerade diese Personen derzeit erheblich benachteiligt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn, was hier als zutreffend festgestellt werden sollte, die Spaltung der Gesellschaft nicht in Alt und Jung oder in Kinderlose und Kinderhabende allgemein, sondern in Kinderlose bzw. Kinderarme einerseits, und Kinderhabende, mit mehr als zwei Kindern andererseits, den Kern der zu führenden Gerechtigkeitsdebatte darstellt.

Die Einschätzungsprärogative des verfassungsändernden Gesetzgebers ist möglicherweise bereits heute, jedenfalls aber in naher Zukunft so weit auf Null reduziert, dass eine Rechtspflicht anzunehmen ist, ein Wahlrecht ab Geburt einzuführen. Nach dem hier vertretenen Ansatz ist dies vorzugsweise als Stellvertretermodell umzusetzen.

Der Grundrechtsschutz von Familien, bzw. von Eltern und Kindern muss, z.B. im Rahmen von Art. 3 GG oder im Rahmen von Art. 6 GG ein höheres Schutzniveau, insbesondere z.B. durch das Bundesverfassungsgericht erfahren als bisher. Eingriffe in diese Grundrechte entsprechend der Gedanken des Minderheitenschutzes dürfen nicht mehr so einfach wie bisher gerechtfertigt werden, da gezeigt werden konnte, dass die Betroffenen keine demokratische Mehrheit (mehr) bilden können, um sich gegen entsprechende gesetzgeberische Ungleichbehandlungen politisch zur Wehr zu setzen.

Wissen Sie, wo Sie Überlegungen zum Wahlrecht ab Geburt mit zahlreichen weiterführenden Hinweisen und wissenschaftlichen Belegen auch noch genauer nachlesen können?

Axel Adrian: „Grundsatzfragen zu Staat und Gesellschaft am Beispiel des Kinder-/Stellvertreterwahlrechts. Eine rechtliche Untersuchung mit Bezügen zu Demographie,Demoskopie, Psychologie und Philosophie.“

Duncker & Humblot, Berlin. Schriften zum Öffentlichen Recht, Band 1313, zahlr. Tab. und farbige Abb., 560 Seiten, 2016

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Dr. Axel Adrian ist Jurist in Nürnberg.